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COVID-19 – gesellschaftsrechtliche Maßnahmen / virtuelle Versammlungen im Gesellschaftsrecht

Durch das gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz (COVID-19-GesG) und die dazu ergangene Durchführungsverordnung (COVID-19-GesV) wurden Erleichterungen bei der Abhaltung von Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern von Gesellschaften sowie bei der Aufstellung und Einreichung von Jahresabschlüssen von Gesellschaften implementiert.

Dieser Überblick bezieht sich auf die Rechtslage zum 9.4.2020.

Rechtsgrundlagen

Das COVID-19-GesG normiert in § 1 Abs 1, dass für die Dauer von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 13/2020, getroffen werden, Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung oder eines Vereins, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit oder eines kleinen Versicherungsvereins auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden können.

Die nähere Umsetzung wurde in der COVID-19-GesV geregelt, welche detaillierter Regelungen zur Zulässigkeit virtueller Versammlungen, Sonderbestimmungen für Hauptversammlungen von Aktiengesellschaft und Generalversammlungen von Genossenschaften und Vereinen enthält.

Zulässigkeitsvoraussetzungen

Die Abhaltung virtueller Versammlungen ist zulässig für Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Genossenschaften, Privatstiftungen, Vereine, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, kleine Versicherungsvereine und Sparkassen.

Es muss eine Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Zweiweg-Verbindung in Echtzeit bestehen. Falls einzelne, höchstens jedoch die Hälfte der Teilnehmer nicht über die technischen Mittel für eine akustische und optische Verbindung mit der virtuellen Versammlung verfügen oder diese Mittel nicht verwenden können oder wollen, so ist es auch ausreichend, wenn die betreffenden Teilnehmer nur akustisch mit der Versammlung verbunden sind.

Die Entscheidung, ob eine virtuelle Versammlung durchgeführt werden soll und welche Verbindungstechnologie dabei zum Einsatz kommt, ist von jenem Organ zu treffen, das die betreffende Versammlung einberuft, wobei schon in der Einberufung die organisatorischen und technischen Voraussetzungen für die Teilnahme bestehen.

Sofern bei einer virtuellen Versammlung Anlass zu Zweifeln an der Identität eines Teilnehmers besteht, hat die Gesellschaft seine Identität auf geeignete Weise zu überprüfen. Bei einer akustischen und optischen Verbindung kann dies – wie auch die Materialien vorsehen – durch das Vorzeigen eines Lichtbildausweises vor die Kamera erfolgen. Im Rahmen einer nur akustischen Verbindung scheidet dies natürlich aus, wobei allenfalls über Dial-in-Voraussetzungen eine Identifikation des Teilnehmers vorgesehen werden kann.

Die Gesellschaft ist für den Einsatz von technischen Kommunikationsmitteln nur insoweit verantwortlich, als diese ihrer Sphäre zuzurechnen sind.

Aktiengesellschaft

Auch schon vor der COVID-19-GesV war die Abhaltung einer Hauptversammlung sowie die Wahrnehmung von Aktionärsrechten im Wege elektronischer Kommunikation möglich, sofern dies in der Satzung der Aktiengesellschaft vorgesehen war. Durch die COVID-19-GesV ist dies nun auch ohne explizite Verankerung in der Satzung möglich.

Allgemein

Für Hauptversammlungen von Aktiengesellschaft entfällt das unbedingte Erfordernis einer Zweiweg-Verbindung.

Gemäß § 3 Abs 1 COVID-19-GesV ist es für die virtuelle Durchführung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft ausreichend, wenn zwar eine Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Verbindung in Echtzeit besteht, jedoch der einzelne Aktionär dem Verlauf der Versammlung nur folgen kann, aber auf andere Weise in die Lage versetzt wird, während der Versammlung Wortmeldungen (Fragen, Beschlussanträge) abzugeben und an Abstimmungen teilzunehmen. Ergänzend sind die Bestimmungen über die Fernteilnahme (§ 102 Abs 3 Z 2 AktG) und die Fernabstimmung (§ 102 Abs 3 Z 3 AktG und § 126 AktG) sinngemäß anzuwenden.

Zusätzlich zur virtuellen Durchführung der Hauptversammlung kann auch eine Übertragung der Hauptversammlung (§ 102 Abs 4 AktG) und/oder eine Abstimmung per Brief (§ 127 AktG) erfolgen, auch wenn dies nicht in der Satzung vorgesehen ist.

Sollten die technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Durchführung der virtuellen Hauptversammlung bei Einberufung der Hauptversammlung noch nicht vorliegen, ist es – entgegen § 2 Abs 4 COVID-19-GesV – ausreichend, wenn diese Informationen ab dem 21. Tag vor der Hauptversammlung bereitgestellt werden und dies in der Einberufung angekündigt wird.

Wurde die Einberufung der Hauptversammlung bereits vor der Kundmachung dieser Verordnung (8. April 2020) veröffentlicht, reicht es aus, wenn die technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Durchführung der virtuellen Hauptversammlung ab dem 14. Tag vor der Hauptversammlung gemäß § 108 Abs 3 bis 5 AktG bereitgestellt werden. Falls diese Informationen nicht auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich gemacht werden, sind sie den Aktionären auch ohne entsprechendes Verlangen unverzüglich zu übersenden.

Börsennotierte und größere Aktiengesellschaften

Für börsennotierte Aktiengesellschaften, Gesellschaften, deren Aktien über ein multilaterales Handelssystem (MTF) gehandelt werden, und Aktiengesellschaften mit mehr als 50 Aktionären normiert § 3 Abs 4 COVID-19-GesV, dass die Stellung eines Beschlussantrags, die Stimmabgabe und die Erhebung eines Widerspruchs in der virtuellen Hauptversammlung nur durch einen besonderen Stimmrechtsvertreter erfolgen kann. Als besondere Stimmrechtsvertreter hat die Gesellschaft zumindest vier geeignete und von ihr unabhängige Personen vorzuschlagen, von denen zumindest zwei Rechtsanwälte oder Notare sein müssen. Die Kosten der besonderen Stimmrechtsvertreter trägt die Gesellschaft.

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung normiert die COVID-19-GesV keine besonderen Bestimmungen, sodass die Abhaltung einer virtuellen Generalversammlung bei Vorliegen der oben unter Punkt 2. dargestellten Voraussetzungen zulässig ist.

Bestimmte Maßnahmen im Rahmen einer Generalversammlung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Mitwirkung eines Notars (zB Abänderung des Gesellschaftsvertrages). Der im Rahmen der COVID-19-Gesetzgebung neu geschaffene § 90a Notariatsordnung (NO) sieht nunmehr vor, dass diese erforderlichen notariellen Amtshandlungen auch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit vorgenommen werden können.

Vorstandssitzungen / Geschäftsführersitzungen

Da die Willensbildung des Vorstands bzw. der Geschäftsführer auch bereits vor der COVID-19-GesV ohne physische Präsenz mittels Beschlussfassung unter Zuhilfenahme moderner Kommunikationsmittel (Videokonferenz, Telefonkonferenz, Telefax, Email, etc.) zulässig war, bringt die COVID-19-GesV hier keine Neuerungen.

Aufsichtsratssitzungen (AG / GmbH)

Für Aufsichtsratssitzungen einer Aktiengesellschaft bzw. einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung normiert die COVID-19-GesV keine besonderen Bestimmungen, sodass die Abhaltung solcher virtueller Aufsichtsratssitzungen bei Vorliegen der oben unter Punkt 2. dargestellten Voraussetzungen zulässig ist.

Auch bloß akustisch zugeschaltene Aufsichtsräte zählen in jeder Hinsicht als Teilnehmer, sodass diese Teilnehmer auch beispielsweise bei der Feststellung des Präsensquorums mitzuzählen sind.

Sollten aufgrund der COVID-19-Krise die Abhaltung von Aufsichtsratssitzungen bis zum 30.4.3030 nicht möglich sein, stellt dies keine Verletzung der Verpflichtung zur quartalsweisen Abhaltung von Aufsichtsratssitzungen (§ 94 Abs 3 AktG) dar.

Genossenschaften und Vereine

Gemäß § 4 Abs 1 COVID-19-GesV ist es für die virtuelle Durchführung der Generalversammlung einer Genossenschaft oder eines Vereins ausreichend, wenn zwar eine Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Verbindung in Echtzeit besteht, jedoch das einzelne Mitglied dem Verlauf der Versammlung nur folgen kann, aber auf andere Weise in die Lage versetzt wird, während der Versammlung Wortmeldungen abzugeben und an Abstimmungen teilzunehmen.

Sofern auch die Abhaltung einer virtuellen Generalversammlung nicht möglich oder zweckmäßig ist, besteht für den Vorstand – allenfalls mit Zustimmung des Aufsichtsrates, sollte es einen solchen geben – die Möglichkeit, für Angelegenheiten, die einer Beschlussfassung durch die Generalversammlung bedürfen, die Durchführung einer schriftlichen Abstimmung der Mitglieder anordnen, auch wenn dies in der Satzung nicht vorgesehen ist. Die COVID-19-GesV sieht für solche schriftlichen Abstimmungen noch detaillierte Regelungen vor, welche unbedingt einzuhalten sind.

Frist zur Abhaltung der ordentlichen Haupt- bzw. Generalversammlung

Durch das COVID-19-GesG wurde die achtmonatige Frist gemäß § 104 Abs 1 AktG bzw. § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG zur Abhaltung der ordentlichen Haupt- bzw. Generalversammlung einer Aktiengesellschaft bzw. einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorübergehend auf 12 Monate verlängert.

Jahresabschluss

Auch die Frist zur Aufstellung des Jahresabschlusses wurde durch das COVID-19-GesG um 4 Monate verlängert, sodass der Jahresabschluss vom Vorstand einer Aktiengesellschaft bzw. von der Geschäftsführung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung innerhalb von 9 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres aufgestellt werden muss.

Für die Einreichung des Jahresabschlusses wurde durch das CIVOD-19-GesG die Frist um 3 Monate verlängert, sodass der Jahresabschluss spätestens 12 Monate nach dem Bilanzstichtag beim zuständigen Firmenbuchgericht einzureichen ist.